16.07. Von der Zollnerseehütte zur Wolayerseehütte

Heute war ein 11,5 Stunden Tag! 27 Kilometer standen auf dem Programm. Alle unsere TeilnehmerInnen haben ausreichend Biss bewiesen. Besonders der Schlussanstieg und der folgende Abstieg über ein relativ flaches Schneefeld verlangte nochmal alles.

Vorher hatte der Tag mit grünen Almen, Blumenwiesen, einem idyllischen Stopp an einer privaten Almhütte (mit Jesus und Brunnen) begonnen. Am Wolayersee angekommen mußten wir zum Schluß nochmal über ein paar scharfkantige Rippen am Seeufer gelangen – dann endlich angekommen! Keine Zeit mehr, vor dem Essen zu duschen – an diesem Abend auch egal! Wir tauchen ein in die gut besuchte, hotelartige Unterkunft.  Die Wolayerseehütte hieß früher Pichlhütte. Der Name Pichl fiel zum ersten Mal, als ich mit meinem Vereinskollegen Carsten für die 125 Jahres Jubiläums Festschrift der Sektion Mannheim über die Zeit des Nationalsozialismus recherchierte. Pichl war wohl ein begeisterter Alpinist und wurde so zum Vorsitzenden des Österreichischen Alpenvereins. Er war aber auch glühender Nationalsozialist und ein Rassist, so dass die Hütte eben in Wolayerseehütte umbenannt wurde. Bereits in den 1920er Jahren gab es (im damals unabhängigen Verband) rassistische Diskussionen: manche könnten eben nicht den richtigen Dreh beim Tiroler (ein Tanz) – mehr und mehr wurde mit solchem Unsinn Hetze gegen Andere betrieben – bis zu den ersten Hütten, an denn explizit „Nur für Arier“ stand. Als Gegenreaktion gründeten fortschrittliche, liberale Kräfte aus Wien und Berlin die sogenannte Sektion Donauland. Hier versammelten sich Christen,Juden, Sozialdemokraten und Andere. Über 1 Jahr währte der Kampf im Alpenverein um den Fortbestand dieser Sektion. Bei der entscheidenden Abstimmung haben die Mannheimer leider gegen den Erhalt der Sektion Donauland gestimmt – zusammen mit der großen Mehrheit der Sektionen. Mit den bekannten Folgen und dem Verlauf der Geschichte. Die damalige Begründung: Politik gehöre nicht in die Berge. Mehr dazu kann in den Publikationen des DAV Mannheim unter 125 Jahre Festschrift nachgelesen werden. Diese unkritische, angeblich unpolitische und damit doch gleichzeitig sehr politische Haltung ist heute leider immer noch im Alpenverein verbreitet. Wo, wenn nicht in den Vereinen können gesellschaftspolitische Diskussionen geführt werden? Übergreifend durch alle versammelten Schichten? Ist das nicht sogar die gesellschaftliche Aufgabe von Vereinen?

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AutorIn
Günter Bergmann

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