Am Morgen brechen wir aus Tarvisio mit der neuen Gruppe nach Norden auf, insgesamt sind wir zu siebt. Erst geht es über breite Fahrwege, dann biegen wir endlich in schmale, auch gleich steil ansteigende bewaldete Bergwege ein. Rasch gewinnen wir an Höhe und blicken in teils stark erodierte Felsabstürze. Nach ca. 1,5h machen wir eine erste Pause an einer verschlossenen Hütte, mit einem grandiosen Blick ins Tal zurück nach Tarvis. Weitere 1,5h später und wir verlassenen den Wald und gelangen in Almgelände. Einige Moutainbiker kommen von oben herunter, an einer Almhütte fragen wir einen Mann, der gerade ein Gatter schließt, auf italienisch nach Wasser. Rasch geht er mit uns zu einer Geländekante und zeigt stumm auf eine Viehtränke mit Frischwasserzulauf, ca 50m tiefer. Dann sagt einer von uns was, „Ah Ihr sprecht deutsch“, wir haben gerade die Grenze passiert und stehen mit einem österreichischen Almbauer zusammen.
Nach dem Woher und Wohin ist er offensichtlich gerne für einen kleinen Schwatz zu haben. Er ist Mitglied der örtlichen Almbauerngenossenschaft. Sein Betrieb wird jedoch nicht weitergeführt werden. Fast alle kleineren Bauern hier sind Nebenerwerbslandwirte, wissen sowieso nicht, wo sie die Zeit für ihre Höfe und Tiere (er hat Kühe und Pferde) hernehmen sollen. Außerdem gibt es durch die Förderungslandschaft eine zunehmende Bevorzugung und Konzentration zugunsten der großen Betriebe, ein Weiter so ist aussichtslos. Man spürt aber, daß er gerne hier ist. Außerdem ist er auch Jäger, bestätigt die Aussagen von Valentina aus Jezersko bezüglich des Schakals. Außerdem gibt es genau hier auch Bären. Die sind allerdings für das Vieh nur im Frühjahr ein Problem, wenn sie sehr hungrig den Winterschlaf beenden. Er zeigt uns noch den Weg auf den Oisternig, einen grünen Hügel von 2052 m Höhe, der ein hervorragender Aussichtsberg sein soll. Wir ziehen weiter, nehmen uns die Zeit für eine Einkehr an einer Almhütte. Ein paar weißbraune Ziegen lassen sich gerne mit frischem Löwenzahn von Hand füttern. Dann nehmen wir die letzten 250 Höhenmeter auf den Berg in Angriff. Unterwegs passe ich mal einen Moment nicht auf, schaue nicht genau, wo ich hintrete, knicke um, pralle auf den Unterarm. Kleine Schrecksekunde. Nein, das Band ist ok, der Unterarm leicht geprellt und aufgeschürft! Glück gehabt. Ich ärgere mich über meine Unaufmerksamkeit, das hätte auch das Ende unserer Tour sein können.
Oben angekommen, wow, die Rundumsicht ist gigantisch. Nördlich liegt das Drautal und wir blicken ins Kärntner Land. Im Westen sehen wir die Karnischen Berge näherkommen. Zurückschauend in die Richtung wo wir herkommen meinen wir den Triglav und auch den Grintovec zu erkennen, ebenso die Felswände des Mangart oberhalb der Zacchihütte, es ist allerdings etwas diesig (und in er Nacht wird es dann wie zur Bestätigung auch regnen!). Wir machen ein paar Bilder am Gipfelkreuz, setzen uns dann in eine kleine Senke oder Mulde, um dem stark blasenden, auskühlenden Wind zu entgehen, essen wieder etwas. Hier ist es warm, wir sitzen in einem Blumenmeer. Dann kommen wir am Grat noch an einer alten Stellung aus dem 1. Weltkrieg vorbei, steigen danach über Wiesen, schattige Wege und später im Wald nochmal 1 Stunde zur Nordio Deffar Hütte ab.
Alle sind sich sehr einig: es war sehr abwechslungsreich, wir haben viel gesehen, gutes Wetter, tolle Aussichten und mit 18 Kilometer für den ersten Tag auch nicht zu lang. Am nächsten Morgen zeigt uns die Hüttenwartin noch ein Bild vom Bären, der 2018 um die Hütte unterwegs war. „Die Frauen sind am gefährlichsten, vor allem nach dem Winterschlaf!“