07. + 08.07. Von der Koča na Uskovnici in zwei Tagen auf den Triglav

Auch heute ist zu Beginn noch deutlich der Tourismus hier am Südrand der hohen Berge zu spüren. Wir steigen zunächst von der Hütte Uscovnici meist über breite Kieswege zwischen Almen hindurch ca. 500m ab zum Wocheiner See. Der ist nicht ganz so überlaufen wie der Bleder See. Wir finden sogar eine eigene kleine Stelle am Ufer, gehen schwimmen, füttern die Fische im klaren Wasser, lassen uns kurz einfangen von der gleißenden weiten erfrischenden Fläche.

Dann heißt es, uns zu trennen, aufzubrechen. Vor uns liegen in der Nachmittagshitze ca. 1200m Aufstieg zur Hütte Koča pri Triglavskih jezerih. Sehr bald wird der Weg zum ersten Mal richtig steil. Wir bilden zwei Gruppen, aber auch die Schnelleren müssen aufgrund der kettenbewehrten Passagen und der Schwüle mehr Pausen machen. Die Gruppe ist jetzt auch „am Berg“ angekommen.Der Aufstieg ist kräftezehrend und lang. An einigen Stellen sind aus den hohen Wänden, unter denen der Weg durchläuft, relativ frisch garagengroße Felsteile rausgebrochen. Da auch absteigende Wandernde Steine lostreten, tragen wir unsere Helme. Wir wandern zwischen Türkenbund und den Sieben Seen, nach denen dieses Tal benannt ist (sieben kleine blaugrüne klare Kleinode, in denen aus besonderen Naturschutzgründen nicht geschwommen werden darf) hindurch und hoffen, dass aktuell bei diesem Wetter die Gefahr von Felssturz nicht besteht. Endlich sehen wir den letzten See und die Hütte vor uns. Die erste Gruppe kommt kurz vor einem leichten Regen an, die anderen erwischt es noch ein bisschen. Die Hütte selbst ist ein Kontrastprogramm zur letzten. Eine große Menge von WanderInnen schieben schon zwischen Eingangstür und Schuhraum. Auf den Etagen der Schlafräume gibt es nur zwei Toiletten und ein Waschbecken – das wars! Die Nähe zu den Attraktionen Sieben Seen Tal und Triglav ist zu spüren – natürlich kein Vergleich zu den großen Seen unten, beide mit dem Auto erreichbar. Hierhin muss 7,5 Stunden gewandert werden, die Hütte kann nur mit dem Hubschrauber beliefert werden. Auch der Slowenische Wanderweg Nummer 1 läuft hier durch. Gerade haben wir die Schuhe aus und zu bereits wieder gestiegenen Preisen eine Dose alkoholfreies Bier bestellt, kommt von oben – zusätzlich zu den bereits vorhandenen Menschen, ein slowenischer Bergführer mit dekorativem  Bergseil über den Rucksack, hinter sich im Schlepptau eine Reisegruppe von ca. 30 JapanerInnen. Jetzt wird es erst so richtig voll. Das Ganze eskaliert kurz, als in der Küche ein Unfall passiert, wir wissen nicht was, alles stockt, der Hubschrauber kommt, ein Sanitätertrupp springt raus. Nach 20 Minuten fliegt der Hubschrauber mit einer leichenblassen jungen Frau wieder weg. Dann geht das Essen los. Zuvor haben wir als Gruppe aus der Speisekarte zwischen fünf, sechs einfachen Gerichten ausgewählt. Wir geben den Bon mit unseren Bestellungen ab (nachdem wir Plätze an den Tischen gefunden haben) und wirklich gut organisiert rollt dann das Essen an. Danach gibt es den obligatorischen Apfelstrudel. Noch ein Bier, dann ins Bett. Morgen früh Wecken um halb sieben.

Am nächsten Morgen fragen wir den Wirt nach den Wetteraussichten, denn heute soll  es auf den Triglav gehen. Ganz gut, nachmittags etwas Regenwahrscheinlichkeit, aber keine Gewitter mehr wie es die Tage vorher um den Triglav gemeldet war. Wir gehen also drauf los! Beim Frühstück klären wir für alle den Ablauf und die Strategie für den Tag: zunächst steigen wir 500m auf 2400 Meter zu einem Sattel auf, dann wieder 150m hinunter, werden die nächste Übernachtungshütte, die Koča na Doliču erreichen. Dort bleiben 2 TeilnehmerInnen zurück und erholen sich von den ersten vergangenen heftigen Tagen, können das An und Ab auf der Hütte verfolgen. Die fünf TeilnehmerInnen, die hoch wollen und es unserer Einschätzung nach auch können und wir werden unsere Rucksäcke leeren bis auf das, was wir im Zweifel unterwegs brauchen. Regenzeug, Kälteschutz, Wasser, Biwaksack, Apotheke, Riegel und Nüsse. Helme sind obligatorisch, Bandschlingen mit Karabiner zur notdürftigen Sicherung einer Person haben wir dabei. Sollte irgendjemand nicht weiterkönnen kehren wir alle um! Wichtig ist noch, von unserer jetzigen Hütte aus bereits möglichst viel Trinkwasser mitzunehmen – auf der Doliču gibt es das nur noch zu kaufen.

Gesagt, getan! Ein Teilnehmer war bereits durch eine Hochtour in der Vorwoche mit Blasen vorgeschädigt, er wurde noch professionell verarztet. Um viertel vor acht kommen wir los, um 13:15 Uhr sind wir an der Doliču Hütte bereit zum Losgehen (haben es uns hier nochmal bestätigen lassen: das lokale Wetter sagt weiterhin OK!). 2 TeilnehmerInnen orientieren sich an Cilli, 3 sind bei mir, wir 4 gehen vor, die anderen sind dicht dran. Für uns unerwartet einfach ist der Zustieg zum eigentlichen Triglaveinstieg. Statt wie im Plan mit T4 oder T5 Wanderwegschwierigkeit beschrieben sind das eher einfache Zuwege im Bereich T3. Nach ca. einer Stunde 15 Minuten stehen wir am Fuß der ersten Wand, zu der uns ein steiles, schuttiges Feld führt. Unten erklären wir nochmal kurz die 3Punkt Regel (2 Hände+1Fuß oder 2Füße+1Hand), um alle nochmals auf ein möglichst sicheres selbstständiges Klettern zu fokussieren. Der folgende Einstieg ist bereits der technisch schwierigste Teil. Dank gut plazierter Stahlstifte und manchmal 10 oder 15m langer straff gespannter Drahtseile (der Zustieg von dieser Seite ist definitiv kein Klettersteig, sondern ein versicherter Steig) können auch stark ausgesetzte Wandstücke überwunden werden. Nach den ersten stärker ausgesetzten Wandpassagen müssen wir durch eine dunkelbraune, teils schuttige und oft ungesicherte Sparte und gelangen so in einen kleinen Sattel. Von hier aus geht es noch ca 1Stunde immer in Fels, der Handgreiflichkeiten erfordert und oft mit Tiefblicken verbunden, weiter nach oben. Der Gipfel ist bis zum Ende nicht sichtbar. Zusätzlich ziehen einige Wolkenfetzen herein. Erst auf die letzten Höhenmeter taucht der kleine Blechzylinder auf, der als Notbiwak für vielleicht 6 Leute im Stehen funktionieren könnte! Der Triglav!! 2864m! Wir sind oben!Den ersten Teil zur Erlangung der slowenischen Staatsbürgerschaft hätten wir damit erreicht: jeder Slowene sollte einmal im Leben hier oben gestanden sein! Wir sind natürlich glücklich und voller Adrenalin. Wir machen ein paar Fotos, essen schnell ein paar Nüsse oder Riegel. Von der anderen Seite kommt eine Klettersteiggruppe, wir machen Platz und uns selbst vorsichtig an den Abstieg. Wir wollen auch Platz zwischen die und uns bringen, falls die auch hier absteigen. Abwärts ist das Ganze nochmals zusätzlich Aufmerksamkeit fordernd. Einige TeilnehmerInnen sind deutlich stiller. Oder wir bitten sie, es zu sein. Alles läuft gut und bereits nach einer Stunde stehen wir wieder unten am Wandfuß. Alle klatschen sich schon mal ab. Den leichten Rückweg sichern wir wieder mit Stöcken. Es ist entspannend, Zeit zu haben für Bilder von Steinböcken und ca. 5m hohe säulenartige Eisformationen á la Hans Arp, die durch die Erwärmung der umliegenden Felsen entstanden sind. Unten an der Hütte werden wir schon von unserem Restteam erwartet, gegenseitiges erneutes Abklatschen, alle sind gut drauf. Auch Cilli und ich sind happy – sicherlich unsere bisher anspruchsvollste Führung! Jetzt haben wir Zeit die Hütte Doliču näher zu betrachten. Es gibt draußen zwei Plumpsklos, drinnen ein Waschbecken (kein Trinkwasser!). Unter einer kleinen Terrasse stehen zwei volle Tonnen mit Regenwasser – hier kann man etwas abfüllen und sich rudimentär waschen. Die Büchse alkoholfreies Bier kostet hier 7 Euro.Der Morgenkaffee muß extra gekauft werden. Alles, auch der Schuhraum im Eingang ist stark belegt. Nachts zieht es in unserm Lager (Kammlage der Hütte!) und kühlt stark aus. Trotzdem: ein engagiertes Team, wir finden: eine gute Hütte!!

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AutorIn
Günter Bergmann

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