Mit dem heutigen Tagesziel Obstanzerseehütte ist für zwei TeilnehmerInnen die Tour zu Ende, sie steigen von hier aus ab zu ihrem im Tal abgestellten Camper. Mit über 136 Kilometern, 9300m im Aufstieg und (bis zur Hütte!) 7700m im Abstieg war der Karnische Höhenweg sicherlich der längste Abschnitt unserer drei geführten Touren. Insgesamt 3 Anstiege (300, 400, zum Schluß 500 Höhenmeter) sind heute zu bewältigen. Um Zeit zu sparen folgen wir dem Weg die Hanglinie lang. Zu Beginn geht es entspannt zur ersten Höhe. Hier steht die Filmoor Standschützenhütte. Sie ist in den 70er Jahren neu gebaut worden, wird heute von einer netten, alternativ angehauchten Crew geführt. Es ist später zwar Regen gemeldet, aber es ist letzter Tag. Und das morgendliche Tagesmotto war „Seid nett zueinander“- also kehren wir hier ein, Kuchen, Saft, Kaffee, nutzen den spektakulären Ausblick beim Schaukeln vom Dachbalken.
Der weitere Weg führt uns um den Großen Kinigat herum (2689m), für eine Besteigung sind die Wetteraussichten leider nicht gut genug. Im zweiten Abstieg werden wir wieder von dem jugendlichen 3er Team überholt. Aus Spass hänge ich mich ein bisschen an den letzten, den schnellen Franzosen aus der Bretagne dran, lasse ihn dann aber hinter seinen beiden Kollegen herziehen. Wir haben noch einen Anstieg, am Abend vorher hatten ein paar den Wunsch nach einer schnelleren Gangart geäußert, plötzlich habe ich eine Idee: Wollen wir versuchen, sie einzuholen? Cilli meint, das schaffen wir nie. Zwei von uns sind gleich dabei. Und so ziehen wir als Vorgruppe los, machen uns an die Verfolgung der Drei. Die haben mittlerweile einen gehörigen Vorsprung, sind schon durch eine Senke und ein schwieriges Waldstück hindurch, eigentlich bereits wieder im Anstieg. Wir rennen zunächst so schnell es das schwierige Gelände zulässt, dann kommen wir in den Hang, ich merke, ich muß Tempo rausnehmen, versuchen langsamer näherzukommen, taktischer vorzugehen. Irgendwann sehen sie uns, bemerken wohl, was wir vorhaben, ziehen selber an. Es wird spannend. Mein Herz schlägt bis zum Hals, schneller geht nicht, eher noch etwas rausnehmen. Der Junge aus der Bretagne ist unerreichbar, der zweite wird schon schwierig. Der junge Deutsche, der dabei ist, ist noch in Schlagweite. Es bleibt lange spannend, keiner will nachgeben. Das Gelände wird immer steiler, der Weg ist teilweise weggerutscht. Am Ende muß der Junge passen (oder will er uns Alten bloß den Erfolg gönnen? Ich glaube nicht, er kann nicht mehr) Wir ziehen vorbei, klatschen ihn unterwegs ab. Oben hocken wir mit den dreien noch am Grat, lachen über den Spass.
Nachdem unsere Restgruppe auch oben ist, packen wir vorsichtshalber unsere Rucksäcke in Hüllen, es zieht bedenklich zu. Wir schaffen es aber noch bis zur Hütte. Die Obstanzerseehütte wird von einem jungen Frauenteam „geschmissen“, und zwar gut, was Cilli besonders freut. Beim Abendessen verabschieden wir uns schonmal.